SchwäPo 10.03.2006

LESUNG / Ein gesundheitlich angeschlagener Manfred Rommel begeistert 350 Zuhörer in der Remshalle

Humor ist seine beste Medizin
Manfred Rommel 07.03.2006<br>
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Gebückt schlurft er auf der Bühne zu seinem Stuhl, nimmt ganz langsam und vorsichtig Platz, beginnt mit brüchiger Stimme zu sprechen - und lässt die etwa 350 Zuhörer in der Essinger Remshalle schon mit dem ersten Satz in schallendes Gelächter ausbrechen. Zwei Stunden später stehen die Leute auf, applaudieren und fordern von Manfred Rommel die "Zugabe".
VON FRANK BÜHL

Die Parkinsonsche Krankheit und eine erst auskurierte schwere Lungenentzündung haben den 77-jährigen Ex-Oberbürgermeister von Stuttgart gezeichnet. Man mag es kaum mitansehen, wie er sich zu seinem Platz quält, bewegungslos und scheinbar ins Leere blickend am Tisch sitzt und stockend nach den richtigen Worten sucht.
"Wenn Sie mich nicht verstehen können, haben Sie auch nichts versäumt", meint er dann - und das Eis ist gebrochen.
Den Zweifel, ob das womöglich ein unfreiwillig trauriger Abend wird, fegt ein befreiendes Lachen fort. Hinter der brüchigen Fassade stecken immer noch der scharfe Beobachter, der kompromisslose Humanist und der fabelhafte Humorist, der die große Politik, seine schwäbischen Landsleute und nicht zuletzt sich selbst liebevoll durch den Kakao zieht - und zwar so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. So, wie ihn die Leute lieben. "Der Rommel" halt.
Krankheit ins Gesicht lachen
Auch seiner Krankheit lacht er ins Gesicht. "Dr Text isch zom Glück scho naigschrieba", witzelt er, als ihm Bürgermeister Wolfgang Hofer das "Goldene Buch" der Gemeinde zum Eintrag vorlegt.
Dann erzählt Rommel, wie er noch als Stuttgarter OB mit den Symptomen leben musste. "I hab' ersch denkt, des isch bei ältere Oberbürgermeischter halt' so." Bei einer Parade habe er "die Front" abschreiten müssen. "Do ben i so dohergschlorpt" - worauf ein Offizier zu ihm gesagt habe: "Do isch d'r Vaddr aber no ganz anders doherkomma als Sie."
Rommel philosophiert über Gott und die Welt. Erzählt von seinem Einsatz als Flakhelfer und ergreift die Gelegenheit beim Schopf, den Witz über den jungen Mann zu erzählen, der sich bei der Musterung erfolgreich blind stellt, danach ins Kino geht, überrascht feststellen muss, dass sich der Amtsarzt von vorher neben ihn setzt - und diesen geistesgegenwärtig anspricht: "Fräulein, bin i hier recht in d'r S-Bahn nach Feuerbach?"
Lügen und Politik
Beim Thema Lügen ist der Gedankensprung zur Politik naheliegend. Rommel vollführt ihn mühelos, gibt sich sogar versöhnlich. Politiker seien meistens schon "ordentliche Kerle". Natürlich gebe es unter ihnen auch Gauner. Wäre das nicht so, wären die Parlamente aber auch kein Spiegelbild der Bevölkerung. Da spricht der erdverbundene Schwabe.
Es gab auch andere. Theoretiker. Hegel etwa. "Nur einer hat mich verstanden", habe der geklagt, "und der (gemeint war sein Schüler Karl Rosenkranz) hat mich falsch verstanden."
So kann's gehen. Tragisch ist auch, wenn ein Redner weiß, was er sagt, das Publikum ihn aber nicht versteht. Oder, noch schlimmer, wenn der Redner keine Ahnung hat, was er von sich gibt, aber vom Publikum verstanden wird. Die Gefahr besteht an dem Abend nicht. Rommel, der inzwischen wieder ganz der Alte zu sein scheint, hat das Publikum in der Hand.
Erst recht, als er aus seinem lyrischen Gesamtwerk rezitiert ("jezd wird's ernscht!"). "Wenn einer einmal ein Gedicht von mir liest und keinen Sinn darin entdeckt, dann ischt auch keiner drin", gibt er den Zuhörern mit auf den Weg. "Den müssad'se selbscht mitbrenga." Beispiel gefällig? "Den Eichbaum tut der Bauer fällen, er braucht das Geld für Dauerwellen." Gehaltvollere Kalauer bietet Rommel mit seinen schlitzohrigen Umarbeitungen nicht mehr ganz zeitgemäßer Klassiker - was allerdings den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.
Ein Witz zum Schluss
Zum Schluss, und weil's so schön war, noch der Witz vom Bayern und vom Württemberger, die im 18. Jahrhundert als Spione unter der Guillotine enden. Beim Bayern funktioniert sie nicht, was als Gottesurteil akzeptiert wird. Als der Schwabe an die Reihe kommen soll, ruft er entrüstet aus: "Do leg' i mi ersch wieder dronder, wenn des repariert isch!"
Der Erlös des von der VHS Ostalb in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Seniorenbetreuung Essingen "angeschuckten" Abends kommt - wie übrigens alle Veranstaltungen von Manfred Rommel - der Seniorenarbeit zugute.

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© Schwäbische Post 10.03.2006
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